Die Rede ist von Kerim Avci. Der gebürtige Türke steht seit Sonntag, nach dem die 125.000 Euro von Kayseri Erciyesspor auf das RWE-Konto überwiesen wurden, als offizieller Abgang an der Hafenstraße fest. Gegen 11 Uhr löste Avci am Sonntag seinen Kontrakt in Essen auf und am Montag stieg er um 18 Uhr in den Flieger nach Kayseri.
"Das war's dann. Eine richtig geile Zeit geht bei Rot-Weiss Essen für mich zu Ende. Ich kann mich nur bei Damian Jamro, Waldemar Wrobel, Michael Welling und den besten Fußball-Fans in Deutschland für alles bedanken. Es tut mir weh, dass ich mich bei den Fans nicht verabschieden konnte. Aber vielleicht finden wir in der Zukunft noch eine Möglichkeit dafür", hofft der 23-Jährige.
Avcis unvergesslicher Moment
Avci, der einst aus der Jugend der SG Wattenscheid 09 nach Essen-Bergeborbeck wechselte, absolvierte insgesamt 140 Spiele für die Erste Mannschaft von Rot-Weiss. 29 Treffer, viele davon sehenswert und 17 Torvorlagen sprechen für Avci. Besonders eine Tor wird der Mittelfeldspieler wohl nie mehr vergessen: "Der 1:1-Ausgleich gegen Fortuna Köln war etwas ganz, ganz Besonderes. Es war das letzte Spiel im Georg-Melches Stadion, die Hütte war voll, meine ganze Familie auf der Tribüne. Dieses Erlebnis würde ich nie missen wollen. Ich glaube, dass ich dadurch in die Geschichtsbücher von Rot-Weiss Essen eingegangen bin. Das macht mich stolz", betont der ehemalige Jugendspieler der Dortmunder Eintracht.
Zwei Trainingslager und eine WG mit Okumak
In Zukunft wird der feine Techniker nicht mehr gegen Fortuna, Viktoria Köln oder die Sportfreunde Lotte antreten. Die Gegner werden Fenerbahce, Besiktas oder Galatasaray Istanbul lauten. Avci: "Das ist ein Traum. An dieser Stelle möchte ich noch einmal betonen, dass mein Wechsel nicht gegen Rot-Weiss Essen spricht, sondern für meine persönliche sportliche Entwicklung. Ich musste jetzt den nächsten Schritt vollziehen." Zuvor hatte Avci, der in Dortmund lebte, immer wieder mal Anfragen und konkrete Angebote diverser Klubs. „Ich hätte jedes Jahr gehen können. Mir lagen immer wieder Angebote von Regionalligisten, Drittligisten oder Vereinen aus der Türkei vor. Aber für die Süperlig fühlte ich mich noch nicht reif genug. Und ein Wechsel zu einem anderen Regionalligisten kam für mich nie in Frage. Da hat nur Rot-Weiss Essen gezählt“, betont Avci.
Dass Avci in Zukunft in der ersten Liga und nicht vierten Spielklasse auflaufen wird, lässt allein der Vorbereitungsplan seines neuen Klubs erahnen: 14 Tage Trainingslager in München, 4 Tage Urlaub, 15 Tage Trainingscamp in Belgien, eine Woche Training in der Türkei. "Dann beginnt erst die Meisterschaft. Das wird bis zum Auftakt eine harte Zeit", schnauft Avci durch.
Doch warum hat sich der gebürtige Dortmunder, der in der Türkei eine Wohngemeinschaft mit dem ehemaligen Wiedenbrücker Volkan Okumak gründen wird, für Kayseri Erciyesspor entschieden und gegen Angebote renommierterer Klubs wie Besiktas Istanbul oder Trabzonspor? "Da wäre ich vielleicht nur der 20. Mann im Kader. Das bringt mich nicht weiter. Kayseris Trainer Fuat Capa hat mich mehrfach in Essen beobachtet und viele Gespräche mit mir und meinem Berater geführt. Der Klub wollte mich unbedingt haben, das hat mich mächtig beeindruckt. Zudem liegt Kayseri nur 80 Kilometer von meiner Heimat entfernt." In dem Ort Yozgat leben noch einige Verwandte der Familie Avci, die Kerim bei Gelegenheit besuchen will: "Das werde ich definitiv tun. Ich freue mich darauf, sie alle jetzt öfter zu sehen."
Verlobte bleibt in Deutschland
Die Geschehnisse rund um die Essener Hafenstraße wird Avci aber auch in der Türkei nicht aus den Augen verlieren: "Ich werde täglich auf reviersport.de alles Wissenswerte lesen, um gut über RWE informiert zu sein. Ich habe ja auch einen super Draht zu Kevin Grund, Roberto Guirino, Vincent Wagner und natürlich auch zu Suat Tokat und Benedikt Koep, die leider beide den Verein verlassen werden. Und wenn ich mal Zeit haben sollte, dann werde ich auch live im Stadion den Jungs die Daumen drücken", verspricht Avci.
Neben dem Abgang von der Hafenstraße 97a muss Avci aber auch einen privaten Wermutstropfen bei seinem Wechsel in die Türkei verkraften. "Ich bin mit meiner großen Liebe Esra verlobt. Meine zukünftige Frau wird erst Ende des Jahres nachkommen. Aber wir haben das alles im Vorfeld durchgesprochen. Bis dahin werden wir viel telefonieren, smsen und chatten. Und wenn die Sehnsucht zu groß ist, dann kann meine Frau einfach in den Flieger steigen und ist in drei Stunden bei mir", lacht Avci.